Wie können Fernwärmenetze zur Erreichung des Klimaziels 2045 beitragen?
Dieser Frage geht eine Studie nach, die Forschende des Instituts für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart im Rahmen des Kopernikus-Projekts Ariadne durchgeführt haben. Ihr Fazit: Die Fernwärme kann einen Beitrag leisten, um die Trendwende hin zur angestrebten Klimaneutralität zu schaffen. Die Transformation der Netze erfordert jedoch hohe Investitionen, für die Anreize zu schaffen sind.
Derzeit dominiert das Thema Wärmepumpen die öffentliche Diskussion. Dabei gerät eine weitere wichtige Säule der Dekarbonisierung des Gebäudesektors in den Hintergrund: Die Fernwärmeversorgung und ihre Netze. Gerade in dicht besiedelten Gebieten mit Mehrfamilienhäusern und schlecht sanierten Altbauten oder gar denkmalgeschützten Gebäuden stellt die Fernwärmeversorgung eine wichtige Alternative zur Wärmepumpe dar. Dabei muss auch die Fernwärmeversorgung selbst auf eine klimaneutrale Erzeugung umgestellt werden, wofür auch die bestehenden Netze angepasst werden müssen. In einer neuen Ariadne-Analyse haben Forschende des Instituts für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart untersucht, welche Kosten die Umstellung der Fernwärmenetze verursacht und welche planerischen, technischen und finanziellen Herausforderungen damit einhergehen.
Um Fernwärme aus Erneuerbaren Energien in die Haushalte leiten zu können, müssen bestehende Wärmenetze oftmals auf geringe Vorlauftemperaturen eingestellt werden, von aktuell zumeist über 100 Grad auf 90 Grad und später auf 60 Grad. Die Ariadne-Forschenden haben berechnet, dass dieser Umbau Kosten von insgesamt rund 13 Milliarden Euro verursachen wird und die Energieversorger (im Betrachtungszeitraum von 20 Jahren) nur 10 Prozent dieser Investitionen durch staatliche Förderprogramme und Umlagen auf die Endkunden finanzieren können. Angesichts dieser Finanzierungslücke und der investiven Herausforderung, die Fernwärmeerzeugung auf eine klimaneutrale Erzeugung umzustellen, fehlen den Versorgern Anreize, um die Wärmewende zügig umzusetzen. Schlussendlich würden die Kosten, vor allem die Kapitalaufwendungen, durch den Einsatz anderer klimaneutraler Technologien aber um ein Vielfaches teurer.
Durchschnittlich müsste ein Energieversorger in einer Großstadt 135 Millionen Euro in die Umstellung bestehender Netze auf Niedrigtemperatur investieren. „Um die drohende Finanzierungslücke abzumildern, schlagen wir deshalb vor, dass durch Netzverdichtung und Digitalisierung die Investitionskosten gesenkt und durch konsequente, beschleunigte und flächendeckende kommunale Wärmeplanung der Umbau der Fernwärmenetze langfristig effizienter geplant wird“, so die Autoren Prof. Markus Blesl, Alexander Burkhardt und Frank Wendel am IER „Damit könnte die Umstellung bestehender Fernwärmenetze zur Erreichung der Klimaziele volkswirtschaftlich optimal beitragen.“
Publikation:
Markus Blesl, Alexander Burkhardt, Frank Wendel (2023): Transformation und Rolle der
Wärmenetze. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam. DOI: 10.48485/pik.2023.004 https://ariadneprojekt.de/publikation/analyse-transformation-und-rolle-der-waermenetze/
Kontakt | Fachlicher Kontakt: Alexander Burkhardt, Universität Stuttgart, Institut für Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER), Tel. +49 711 685-87500, Mail alexander.burkhardt@ier.uni-stuttgart.de |
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